Der Käse der Dorfsennerei Schlins erhält immer wieder hohe Auszeichnungen. Verantwortlich dafür ist Meistersenn Thomas Kaufmann.
Loch ist bekanntlich nicht gleich Loch. Während es in Socken oder Strumpfhosen als störend empfunden wird, gehört es bei vielen Käsesorten einfach dazu. So auch beim ursprungsgeschützten Vorarlberger Bergkäse. Allerdings dürfen es nur wenige sein und auch nicht voluminöser als der Umfang einer Erbse erscheinen. Ja, es ist tatsachlich eine Kunst, dass ein Käse Löcher bekommt. Vor allem die richtigen.
Wie das funktioniert, weiß Thomas Kaufmann von der Dorfsennerei Schlins. Der ursprünglich aus Schwarzenberg stammende 48-Jährige ist nicht irgendein Käsehersteller, sondern einer, der regelmäßig bei Wettbewerben abräumt. So darf sich Kaufmann beispielsweise fünffacher Senner des Jahres nennen. Da liegt es nahe, dass man den bescheiden auftretenden Meistersenn gerne Löcher in den Bauch fragen würde, wie denn nun die Löcher im Käse tatsächlich entstehen. Die Antwort: durch Gasbildung, die beim Eiweißabbau entsteht. Damit es dazu aber überhaupt kommt, sind viele Prozesse und ein meisterliches Können notwendig. Denn ohne großes Wissen und das handwerkliche Geschick eines Senners kämen wir nicht in den vollendeten Genuss eines geschmackvollen Käses.
Milch ist besser geworden
„Voraussetzung dafür ist natürlich, dass die Milchqualität passt“, erklärt Thomas Kaufmann, was die wichtigste Ausgangsbasis bildet. Im Fall der Dorfsennerei Schlins, die eine Genossenschaft ist, stammt das „weiße Gold“ von acht Landwirten aus Schlins, Röns und Satteins, die 1,5 Millionen Liter Milch pro Jahr liefern. Noch einmal so viel kommt von der Vorarlberg Milch, damit die Menge für eine ganzjährige Produktion ausreicht. Doch wie bei den Löchern gilt auch bei der Milch, dass sie nicht ständig gleich ist. Schließlich stammt sie von einem Lebewesen. „Generell hat sich die Milch verändert“, erklärt Kaufmann weiter. „Sie ist besser geworden.“ Der Grund: Die Kühe erhalten heute hochwertigeres Futter, in dem sich vielfältige Gräser und Kräuter befinden. Die Art der Nahrung ist auch ausschlaggebend für die Fettsäuren. Und je nach Jahreszeit gibt es ebenso Schwankungen. Milch besteht zu 87 Prozent aus Wasser. Der Rest teilt sich auf Eiweiß, Kohlenhydrate, Vitamine, Spurenelemente und Fett auf. Wieviel Milchfett in der Kuhmilch enthalten ist, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab: Neben der Fütterung hängt es auch davon ab, wo die Kuh lebt und wie alt sie ist. Schon wenn die Milch aus dem Euter kommt, ist ihr Fettgehalt sehr unterschiedlich.
Viele Faktoren spielen zusammen
All diese Faktoren muss der Meistersenn, der sein Handwerk bei Josef Metzler in der Sennerei Schwarzenberg gelernt hat, ausgleichen, wenn er sich mit seinem Team an die Arbeit macht. Für den Bergkäse wird Rohmilch verwendet. Was zur Milch noch dazukommt, sind betriebseigene Kulturen aus Molke. Und auch das Lab darf nicht fehlen. Es stammt vom Tiroler Unternehmen Hundsbichler, das sich auf Naturlabherstellung spezialisiert hat. „Es hat einen 97-prozentigen Chymosin-Anteil“, spricht der Fachmann. Das ist ein spezielles Enzym, das im Kälbermagen vorkommt. Während das Lab für die Käsekonsistenz benötigt wird, sind die Kulturen für die Säuerung und für die Lochbildung zuständig. Womit der Bogen zu den Löchern wieder gespannt ist. Denn während der Lagerung verliert der Käse durch den Wasserentzug pro Monat im Schnitt nicht nur ein Prozent an Gewicht, sondern auch das Eiweiß wird abgebaut. Durch die entstehende Gasbildung bilden sich Löcher.
Ein weiterer Faktor sind kleine Heupartikel, wie Schweizer Wissenschaftler erforscht haben. Durch moderne Melkmaschinen gelangen jedoch weniger dieser Mikropartikel in die Milch. Deshalb ist es in der Tat schwieriger geworden, Löcher in den Käse zu bringen. „Wenn nach drei Monaten die ersten Löchle sichtbar sind, ist das ein gutes Zeichen“, bekräftigt Thomas Kaufmann. Der Käse reift bei konstant 14 Grad sechs bis zehn Monate im eigenen Keller heran.
Ein hochwertiges Produkt für einen guten Preis
Den Anspruch, guten Käse zu erzeugen, hat Thomas Kaufmann auch nach 30 Jahren nicht verloren. Im Gegenteil. Der naturverbundene Meistersenn sieht es als seine Kernaufgabe, ein hochwertiges Produkt zu erzeugen. Denn nur über die Qualität lasse sich ein ordentlicher Preis erzielen und der Käse vermarkten. Der Vorteil der Genossenschaft ist, dass alle am selben Strang ziehen. Das beginnt bei den Milchlieferanten, setzt sich bei dem aus rund zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bestehenden Sennerei-Team fort und endet beim Verkauf im Sennereiladen nebenan. Die vielen Auszeichnungen, die Kaufmann bereits entgegennehmen konnte, ehren ihn. Sie sind ein Beweis für die qualitätsvolle Arbeit. Fünf „Senner des Jahres“-Titel, mehrere „Kasermandln“, dazu noch viele weitere Auszeichnungen – so gesehen ist Thomas Kaufmann bei den Sennern so etwas wie Marcel Hirscher im Alpinen Skisport. Nur, dass er weit weniger populär ist. Kaufmann kann damit aber gut leben. Er beschäftigt sich ohnehin lieber mit „seinem“ Käse – Löcher inklusive.