Mit der Reihe „nochgfrogt“ lässt luag Personen zu Wort kommen, die bei regionalen Lebensmitteln in Vorarlberg eine zentrale Rolle spielen. Carina Pollhammer, die neue Geschäftsführerin der Spar Vorarlberg sprach mit uns über Regionalität im Handel und die Auswirkungen der Corona-Krise auf das Kaufverhalten.
Sie haben mit Jahresanfang die Nachfolge von Gerhard Ritter als Geschäftsführerin der SPAR Vorarlberg angetreten. Was machte den Reiz aus, nach Vorarlberg zu übersiedeln und diese Herausforderung anzunehmen?
Carina Pollhammer: Vorarlberg kannte ich auch schon vor meiner Übersiedlung von seiner vermutlich schönsten Seite, da ich bereits einige Schiurlaube hier verbracht habe. Dabei konnte ich die Vielfalt des Landes und die netten Leute kennenlernen. Beruflich war ich zuvor zehn Jahre bei SPAR in Salzburg tätig und wurde mit verschiedenen spannenden Aufgaben im In- und Ausland betraut. Ich liebe Neues, Veränderung und übernehme gerne Verantwortung. Mit großer Freude und nach reiflicher Überlegung habe ich daher Anfang des Jahres die Aufgabe als Geschäftsführerin der SPAR Vorarlberg angetreten.
Die Corona-Krise hat das Jahr 2020 geprägt. Ihre bisher größte Herausforderung im Management?
Carina Pollhammer: Während meiner Zeit in Vorarlberg ist dies auf jeden Fall die größte Herausforderung. Gerade in so einer Situation bietet die Struktur unseres Unternehmens den großen Vorteil, dass bei SPAR frühzeitig und österreichweit ein Krisenmanagement installiert wurde, welches wesentliche Entscheidungen koordiniert. Zusätzlich sind wir zwischen unseren Bundesländer-Regionalzentralen in ständigem Austausch. Und ganz wichtig: Wir haben hier in Vorarlberg ein eingespieltes Team – gemeint sind unsere Kaufleute, Führungskräfte und Mitarbeitenden – die gezeigt haben, dass man sich auf sie verlassen kann.
Die Beifallsbekundungen für Mitarbeiter/-innen im Gesundheitswesen, der Pflege oder im Handel sind größtenteils wieder verstummt. Werden derlei Jobs zu wenig geschätzt und zu schlecht bezahlt?
Carina Pollhammer: Das glaube ich nicht. Niemand bekommt in seinem Job ständig Beifall. Das ist auch nicht notwendig. Dass in dieser Krise gerade die Mitarbeitenden im Handel, der Pflege und im Gesundheitswesen besonders wertgeschätzt wurden und öffentlichen Beifall erhalten haben, haben sie ohne Zweifel verdient.
Hat die Corona-Krise aus Ihrer Sicht einen Schub für das Thema Regionalität bedeutet?
Carina Pollhammer: Ja, ganz bestimmt. Jeder hat sich mit diesem Thema auseinandergesetzt und gerade während der ersten Wochen ganz bewusst regionale Produkte gekauft. Man hat gemerkt, dass viele wieder vermehrt zu Hause kochen und frische Produkte aus dem Ländle bevorzugen. Ich hoffe, dass davon viele neue Gewohnheiten bei der Bevölkerung hängen bleiben und nicht alle wieder ins „alte Fahrwasser“ zurückfallen.
Wie regional kann ein Supermarkt mit zehntausenden Artikeln sein und was ist der diesbezügliche Anspruch von SPAR?
Carina Pollhammer: Ein Supermarkt sollte möglichst alle Bedürfnisse abdecken. Die Breite und Tiefe eines Sortimentes entwickelt sich ständig weiter. Es gibt daher Produkte für die kleine Geldtasche, die mittlere und die größere, Produktgrößen für Single-Haushalte, mittlere und größere Familien, Produkte für Personen mit Unverträglichkeiten, diverse Geschmacksrichtungen eines Produktes, das ganze Bio-Sortiment und vieles mehr. Die Liste könnte noch lange fortgesetzt werden. Aber so erklärt sich die große Anzahl an Artikeln. Ein großer Anteil davon – nämlich über 3.000 – sind regionale Produkte. Salat, frisches Obst und Gemüse, Brot von den regionalen Bäckereien, Ländle Fleisch, Käse von den Sennereien, Honig aus der Nachbarschaft, Ländle Eier … Der Kunde bestimmt bei jedem Einkauf, für welches Produkt er sich entscheidet. Allerdings muss sich der Kunde auch bewusst machen, dass – je nach Jahreszeiten – nicht jedes Ländle Produkt das ganze Jahr über erhältlich ist.
SPAR ist ein international agierender Konzern mit verschiedenen Geschäftsfeldern. Wie gelingt es in einem solch großen Unternehmen, Regionalität zu verankern und täglich zu leben. Worin liegen die Herausforderungen?
Carina Pollhammer: Wir sind so aufgestellt, dass es z. B. in Österreich sechs Regionalzentralen gibt. Unsere Zentrale in Dornbirn-
Wallenmahd ist zuständig für Vorarlberg. Mit dieser regionalen Schaltzentrale sind wir nahe an den Bedürfnissen der Vorarlberger Konsumenten. Unsere Mitarbeiter kommen aus allen Regionen, sie lieben „ihr“ Ländle und agieren regional. Unsere Einkaufsabteilung in Dornbirn kann auch kleine Lieferanten aus Vorarlberg persönlich betreuen. Durch die Struktur unserer Märkte und die unterschiedlichen Betriebstypen haben wir die Möglichkeit, verstärkt auf die Lokalität einzugehen. Kleine und sogar kleinste Betriebe, wie beispielsweise lokale Bäcker, lokale Sennereien und sonstige Kleinmanufakturen, liefern direkt in unsere Märkte ihrer Umgebung. Dadurch werden sie gefördert und auf einem zusätzlichen Absatzweg unterstützt.
Unterscheidet sich der Vorarlberger Konsument von anderen Konsumenten in Österreich und wenn ja, wie?
Carina Pollhammer: Das Einkaufsverhalten der Österreicher/-innen ist überall dasselbe. Wer heimische Produkte bevorzugt, greift zuerst zum regionalen, wenn möglich zum regionalen Bio-Produkt. Ist dieses nicht verfügbar, wird der Radius ausgeweitet auf Österreich.
Auch der Handel steht vor tiefgreifenden Veränderungen. Neue Konzepte und Anbieter drängen in den Markt und setzen Althergebrachtes unter Druck. Wird es den stationären Handel in seiner heutigen Form in zehn Jahren noch geben?
Carina Pollhammer: Die Veränderungen lassen sich sicher nicht aufhalten. Dennoch bin ich überzeugt davon, dass es den stationären Handel auch in zehn Jahren noch geben wird. Wer gerne einkauft, möchte mit allen Sinnen einkaufen. Der möchte ein Produkt sehen, evtl. riechen, die Qualität spüren, sich beraten lassen, mit anderen Konsumenten kommunizieren, eben alles, was zu einem Einkaufsvergnügen beiträgt.
Die Vorarlberger Landwirtschaft ist sehr klein strukturiert und kann preislich nicht mit internationalen Großbetrieben in Holland oder Deutschland mithalten. Wo sehen Sie Chancen für heimische Produkte und was müssen diese Produkte leisten?
Carina Pollhammer: Heimische Produkte erzählen oft eine Geschichte. Sie überzeugen durch herausragende Qualität, Geschmack, Vielfalt und Liebe zum Detail. Meistens sieht man bereits bei der Verpackung eines regionalen Produktes, wie viel „Ländle“ wirklich drinsteckt. Der Kunde greift dann gerne nach diesem Produkt, unabhängig vom Preis. Wir machen sehr viel für regionale Produkte und wissen auch um die Verantwortung. Die Landwirtschaft in Vorarlberg produziert nicht nur hervorragende Produkte, sondern ist zudem für die Landschaftspflege verantwortlich. Auch für kleinere Produzenten wird Marketing immer wichtiger, aber nicht jeder hat die Mittel dazu. Gerade auf dem Fleischsektor bietet sich für viele unserer kleinen Lieferanten die Möglichkeit, dass wir sie quasi unter dem Namen TANN mitvermarkten.
Ihr Lieblingsprodukt mit Ländle Gütesiegel?
Carina Pollhammer: EIN Produkt wird schwierig bei so einer großen Auswahl. Gerade jetzt im Sommer frische Salate von Walter Gehrer aus Höchst und als Tagesstart das Bio-Naturjoghurt der Vorarlberg Milch. Und ganz wichtig: die super TANN-Produkte – im Speziellen unser Ländle Rind. Hier bieten wir mit der TANN ein einzigartiges Alleinstellungsmerkmal, welches uns in der Fleischwirtschaft im Ländle zu DEM regionalen Partner vor Ort macht.