Seit rund einem halben Jahrhundert setzt die Familie Tiefenthaler außer auf Nutztierhaltung auch auf den Anbau von Kartoffeln und Gemüse. So teilen die Generationen nicht nur ihre Leidenschaft für landwirtschaftliche Vielfalt, sondern auch die für alte Maschinen.
Wenn morgens kurz vor neun der Milchwagen den Hof von Ulrich und Andrea Tiefenthaler verlässt, ist das nur ein kleines Zahnrad im großen Räderwerk ihres Betriebs in Rankweil-Brederis, der Tradition und Vielseitigkeit miteinander vereint. Seit 2014 führen die beiden den Aussiedlerhof, den Ulrichs Eltern Klaus und Ingrid einst aufgebaut haben. Bereits 1974 geplant, wurde acht Jahre später der erste Stall neben dem Haus gebaut – damals noch für Stiere. Im Jahr 1984 stellte man schließlich auf Milchwirtschaft um, und 20 Kühe zogen ein. Heute sind es rund doppelt so viele Milchkühe, die den Haupterwerb sichern. Die Milch wird an die Vorarlberg Milch geliefert, die nur knapp fünf Kilometer entfernt liegt. Die genauen Jahreszahlen und Daten hat Andrea, die ehemalige Lehrerin, schnell parat, denn zusammen mit Ulrich hat sie eine Chronik mit den wichtigsten Ereignissen über den Hof in Brederis verfasst. Daraus geht auch hervor, dass die Tiefenthalers nie nur auf eine „Kuh“ im Stall gesetzt haben. „1977 wurde sogar schon ein Hektar Kraut für die Firma Grabher angebaut. Man hat immer schon mit Gemüse und Kartoffeln zu tun gehabt“, spricht Ulrich über die Weitsichtigkeit seiner Eltern.
Vielfalt und Sichherheit
Auch heute ist der Betrieb durchdacht und vielseitig aufgestellt. Milch, Kartoffeln, Gemüse, Getreide, Legehennen mit fahrbarem Stall – kaum ein Bereich der bäuerlichen Arbeit wird ausgelassen. Andrea und Ulrich leben die Vielfalt bewusst: „Die Vielseitigkeit ist ein Vorteil. Wir könnten auch 60 bis 70 Kühe halten und ausschließlich davon leben, aber wenn etwas nicht funktioniert, hat man immer etwas anderes und ist damit abgesichert.“ So werden auf rund einem Hektar Kartoffeln mit Ländle Gütesiegel angebaut. Entscheidend für eine gute Ernte sind Bodenbeschaffenheit und Erfahrung – Sandböden sind ideal für die verschiedenen Knollensorten, jedoch sind diese in Vorarlberg nur spärlich vorhanden.
Angebaut werden neben Frühkartoffeln auch Sorten wie die allzeit beliebte Ditta oder die neue Valivia, aber auch Laura und die mehlige Agria. Bei der Ernte im Herbst sind dann alle Hände gefragt: Nicht nur Senior Klaus, sondern auch die drei Kinder Ida (12), Simon (10) und Anna (8) packen mit an. Zudem haben sie reichlich Unterstützung durch ihre Oldtimer-Traktoren und Erntemaschinen, die einen ganz eigenen Platz am Hof einnehmen. Abgeholt werden können die Kartoffeln und anderen Produkte ab Hof, im eigenen SB-Laden oder von den Stammkunden nach persönlichem Anruf. „Da ist die halbe Ernte oft schon weg“, erzählt der 45-jährige Landwirt aus Erfahrung.
Wir sind keine Urlaubstypen – unser Urlaub ist das Frühstück am Balkon und das Eis am Kartoffelfeld
Tiefenthaler Andrea
Alte und neue Absatzwege
Früher konnten die Erzeugnisse der Familie auch auf den Märkten in Götzis und Rankweil gekauft werden. Als Gründungsmitglied des „Buramarktes“ in Feldkirch engagierte sich besonders Ingrid sehr für den Verkauf am Markt und auch für das Gemüsefeld neben dem Hof, um frische Produkte wie Kraut, Salat, Zucchini, Bohnen und Randig liefern zu können. „Fast Tag und Nacht war sie im Gemüsefeld zu finden“, erinnert sich Ulrich an seine Mutter. Nach ihrem Tod vor fünf Jahren stellte die Familie komplett auf Direktvermarktung am Hof um und reduzierte den Gemüseanbau. Auch die geänderte Marktsituation und die zunehmende Zahl an Gemüse Produzenten waren ein Grund dafür.
Ein zusätzlicher Verkaufsautomat beim Nachbarn, dem Gutshof Maldina, sowie eine treue Stammkundschaft sorgen jedoch für einen stabilen Absatz. Eine Besonderheit ist der Zuckermais, den die Familie gemeinsam mit Alexander Angeloff produziert. Eine Kooperation, die aus einer langjährigen Freundschaft entstanden ist. Seit drei Jahren wird in versetzten Chargen im Abstand von zwei Wochen gepflanzt, sodass im Herbst kontinuierlich geerntet werden kann. „Zuckermais ist heikel“, erklärt Ulrich. „Wenn er reif ist, muss er sofort geerntet und verkauft werden, ansonsten wird er zu hart.“ Die gestaffelte Aussaat macht die Ernte planbar und den Absatz konstant – sofern das Wetter mitspielt. Verkauft werden die knackigen Kolben in den SPAR-Filialen in Vorarlberg von der Gärtnerei Angeloff. Die Aussaat und Pflege übernimmt die Familie Tiefenthaler selbst – inklusive einer eigenen Sämaschine, die dem Hof die nötige Flexibilität gibt. Zusätzlich wird noch ca. ein Hektar Dinkel für den Martinshof angebaut. Auch die Gerste für das eigene Kraftfutter wird selbst angebaut. So kann die Fruchtfolge auf den Feldern optimal genutzt werden. Eine kleine Rarität ist die hofeigene Mühle, mit der das Kraftfutter selbst vermahlen wird. „Rentabel ist das kaum – aber es funktioniert“, sagt der gelernte Mechaniker mit einem Lächeln.
Menschlichkeit und Maschinenliebe
Wer den Hof betritt, sieht sofort die besondere Liebe zu den Maschinen und Traktoren. Der älteste Traktor stammt aus dem Jahr 1942, das jüngste Modell hat immerhin auch schon 20 Jahre auf dem Buckel. Gerade wird der Hof um eine dringend notwendige Maschinenhalle erweitert. Die Sammel- und Restaurationsleidenschaft hat Vater Klaus, heute 75, an Ulrich weitergegeben, der eine Ausbildung als Mechaniker absolviert hat. Auch Simon ist bereits gern in der Werkstatt dabei.
Ein alter HELA-Traktor aus der Produktion in Aulendorf, den Ulrich seinem Vater zum Geburtstag schenkte, als Erinnerung an seine Kindheit, und der erste Traktor, den sich Ulrich im Alter von zwölf Jahren mit seinem Ersparten selbst finanzierte, sind zwei ganz besondere Modelle der Sammlung. Zwischen Werkstatt, Stall und Acker ist immer etwas los. Besonders zur Erntezeit wird es eng im Kalender – alles will zur rechten Zeit erledigt sein. „Wir sind keine Urlaubstypen – unser Urlaub ist das Frühstück am Balkon und das Eis am Kartoffelfeld“, sagt Andrea mit einem Augenzwinkern. Doch Pausen gibt es trotzdem: „Wenn Freunde auf einen Kaffee vorbeikommen, dann nehmen wir uns die Zeit.“ Oder wenn zum Schulbeginn wieder die Kund:innen ihre heiß erwarteten Kartoffelbestellungen abholen, dann bleibt auch bei so einer vielfältigen Landwirtschaft Zeit zum Abschalten und Austauschen, damit der Motor weiterhin rundlaufen kann.
Veröffentlicht am 17.10.2025
Andrea und Ulrich Tiefenthaler
Broßwaldenweg 15
6830 Rankweil
T 05522 38091
E tiefenthaler.a.u@aon.at