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Portrait Von Othmar Bereuter

45 Jahre für die Milchwirtschaft

Portrait Von Othmar Bereuter

In diesem Jahr feiert die Landwirtschaftskammer (LK) Vorarlberg ihr 100-jähriges Bestehen. „nochgfrogt“ haben wir deshalb für diese luag-Ausgabe bei Othmar Bereuter aus Sulzberg. Er war 45 Jahre bei der LK tätig – davon 25 Jahre als Milchwirtschaftsreferent und 19 Jahre als Laborleiter sowie Qualitätsmanager. Wir wollten von ihm mehr über die jüngere Geschichte eines der wichtigsten Wirtschaftszweige der Vorarlberger Landwirtschaft erfahren: die Milchwirtschaft.

Othmar Bereuter im Labor - Foto: Roland Paulitsch

In deiner langen Dienstzeit hast du bestimmt viel erlebt. Kannst du uns kurz aufzählen, in welchen Bereichen du tätig warst?

Othmar Bereuter: Ich war von Anfang an in der Land- und Milchwirtschaft tätig – zunächst als Laborleiter im Gebietslabor der LK, später 25 Jahre lang als Geschäftsführer. Meine Hauptaufgaben waren dort die Ausweitung und die Professionalisierung der Kontrollen regionaler Milchverarbeiter, um die Qualitätsstandards der Milchprodukte stetig zu steigern. Später war ich dann als Milchwirtschaftsreferent in der Landwirtschaftskammer für den gesamten Wirtschaftszweig zuständig. Hinzu sind noch viele Aufgaben in diversen Genossenschaften und Arbeitsgruppen gekommen. Langweilig wurde mir also nie.

In diese Zeit ist auch der EU-Beitritt Österreichs gefallen, der sich heuer zum 30. Mal jährt. Wie hat das deine Arbeit beeinflusst?

Othmar Bereuter: Der EU-Beitritt hat in der Landwirtschaft zunächst viele Fragen und Unsicherheiten ausgelöst. Rückblickend lässt sich jedoch sagen: Österreich hat diesen Schritt gut bewältigt und nahezu alle Bereiche, auch die Milchwirtschaft, haben letztlich davon profitiert. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Milchproduktion in Österreich vom Staat kontingentiert und reguliert. Es gab vorgegebene Produktions- und Versorgungsgebiete. So durfte beispielsweise die früher existierende Molkerei in Bregenz nur Milch von Bauern aus dem Raum Bregenz und Lochau beziehen und die Produkte lediglich in demselben Umkreis vermarkten. Was an Milchprodukten über die Eigenversorgung hinaus hergestellt wurde, wurde dann staatlich gesteuert exportiert und der Preis dabei über einen Milchwirtschaftsfonds gestützt. Diese strikte Regelung wurde durch die Marktöffnung im Zuge des EU-Beitritts komplett aufgelöst. Glücklicherweise war Vorarlberg schon damals ein Vorreiter bei der Gründung von Genossenschaften und konnte dieses System für gemeinschaftliche Produktion und Vermarktung nutzen. Die Direktvermarktung durch die Sennereien, wie wir sie heute bei uns kennen, ist erst nach dem EU-Beitritt entstanden.

Und was hat sich produktseitig durch den EU-Beitritt geändert?

Othmar Bereuter: Einerseits gab es einen massiven Schub in Bezug auf die Qualität. Um international bestehen zu können, mussten Top-Lebensmittel produziert werden, was insbesondere mit der Käse-Herstellung gelungen ist. Andererseits wurden die Sortimente angepasst. War in den Jahrzenten zuvor der Emmentaler mengenmäßig die unangefochtene Nummer eins unter den Käsen, wurde er anschließend durch Bergkäse und verschiedene Schnittkäse-Sorten abgelöst. Für diese Käsesorten sind wir inzwischen international bekannt. Um dieses hohe Qualitätsniveau zu erreichen wurde 1995 der Qualitätsmanagementverein für Lebensmittel aus Vorarlberg gegründet, eine der Vorgängerorganisationen der Ländle Qualitätsprodukte Marketing GmbH.

Für mich persönlich ist das ganz klar: unsere Milchverarbeiter sollten sich dort verbessern, wo sie bereits gut sind.

Othmar Bereuter

Welche Ereignisse sind dir sonst noch besonders gut in Erinnerung geblieben?

Othmar Bereuter: Ein großer Erfolg war die Eintragung des Vorarlberger Bergkäses mit geschütztem geografischem Ursprung im Jahr 1996 – ein wichtiger Schritt zur Sicherung regionaler Qualität und Herkunft. Ein weiteres bedeutendes Ereignis war die flächendeckende Einführung der gentechnikfreien Fütterung im Jahr 2005. Hier mussten die Bäuerinnen und Bauern genauso überzeugt werden wie die Milchverarbeiter:innen und die Futtermittellieferant:innen. Es bedurfte einiger Überzeugungsarbeit, bis alle mitgemacht haben. Inzwischen ist aber die gesamte Milchwirtschaft Österreichs gentechnikfrei und hat somit international ein sehr gutes Standing.

Diese und ähnliche Fragestellungen wurden in Vorarlberg in der ARGE Milch (Anm. d. Red.: ARGE steht für Arbeitsgemeinschaft) bearbeitet und vorangetrieben. Später war ich deshalb auch in der österreichweiten ARGE Heumilch als Obmann-Stellvertreter tätig, um national die hohen Qualitätsstandards auszuarbeiten und einzuführen. Bei schwierigen Fragestellungen, zu denen keine aussagekräftigen Zahlen vorlagen, konnten wir glücklicherweise mit verschiedensten Universitäten Forschungsprojekte umsetzen – z. B. zum Thema Haltbarkeit. Die waren ihrerseits natürlich froh über Informationen aus der Praxis.

Alpe Gemeine Brongen - Milchprodukte der Alpe auf einem Brett vor Bergpanorama - Foto: Pallinger

Wie sah die internationale Zusammenarbeit insgesamt aus? Wo konnte sich Vorarlberg im Vergleich abheben?

Othmar Bereuter: Das Netzwerken war schon immer sehr wichtig, auch international. Durch die Zusammenarbeit mit den Universitäten, an denen ich teilweise auch Gastvorträge halten durfte, hat sich das noch erweitert und sich der Austausch insbesondere mit Deutschland, Italien und der Schweiz intensiviert. Worauf die anderen Ländler immer ein wenig neidisch schauten, war die zentrale Steuerung und Vernetzung bei uns, die ich durch meine vielfältigen Tätigkeiten unterstützen konnte. Auch unsere Art der genossenschaftlichen Wirtschaftsweise, die den Landwirtinnen und Landwirten eine Mitsprachemöglichkeit und Identifikation mit den Produkten bot, wurde sehr positiv betrachtet. Deren individuelle Geschichten machen auch die Identität unserer Vorarlberger Produkte aus. Und diese Ehrlichkeit und der Zusammenhalt in den Genossenschaften sind für mich ein essenzieller Bestandteil einer erfolgreichen Vermarktung.

Welche Chance siehst du persönlich für die Zukunft der Vorarlberger Milchwirtschaft?

Othmar Bereuter: Für mich persönlich ist das ganz klar: unsere Milchverarbeiter sollten sich dort verbessern, wo sie bereits gut sind. Wir haben eine Vielzahl an hervorragenden Milch- und Käsespezialitäten, die bei uns eine große Wertschätzung genießen und international anerkannt sind. Hier zu optimieren und in diesem Bereich auch Innovationen zu schaffen, ist für mich der richtige Weg in die Zukunft.

Vielen Dank für das spannende Gespräch und den Einblick in deine berufliche Vergangenheit.

Veröffentlicht am 15.07.2025

Steckbrief

  • Jahrgang 1954, verheiratet, aus Sulzberg
  • von 1975 bis 2020 in der Landwirtschaftskammer (LK) Vorarlberg tätig, davon 25 Jahre als Milchwirtschaftsreferent
  • Leiter und dann Geschäftsführer im Gebietslabor der LK Vorarlberg (heute Ländle Analytik)
  • Vorsitzender der ARGE Milch und beteiligt an der Gründung der ARGE Heumilch.
  • Geschäftsführer des Qualitätsmanagementvereins für Lebensmittel aus Vorarlberg (1995 gegründet, einer der Vorgängerorganisationen der LQM)
  • zuständig für Qualitätssicherung bei der Ländle Qualitätsprodukte Marketing GmbH (LQM) bis 2018
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