Bernhard Wagner ist Imker aus Leidenschaft. Mit scharfen Augen und einer Portion Intuition beobachtet der Wahl-Montafoner seine Völker ganz genau. Dabei ist es ihm wichtig, dass die Bienen „tolerant” sind und sich in ihrer Umgebung wohl fühlen.
Wären wir alle Bienen, dann wäre die Demokratie nicht in Gefahr, wie manche fürchten. Andererseits würden wir in diesem Fall in einer Monarchie mit einer Königin an der Spitze leben. „Es ist tatsächlich so, dass Bienen sehr „demokratisch“ organisiert sind. 50 Prozent bestimmt die Königin und die restlichen 50 Prozent ihr Volk“, erklärt Bernhard Wagner das paritätische Prinzip bei den so nützlichen Tieren. Der in Vandans beheimatete gebürtige Bludenzer beschäftigt sich intensiv mit der Umtriebigkeit und dem sozialen Gefüge der fleißigen Insekten. Er selbst ist Herr über rund 45 Wirtschaftsvölker. Und ein Staat (Volk) besteht immerhin aus 30.000 bis 50.000 Bienen. Im Laufe von vielen Jahren und mittlerweile sogar Jahrzehnten hat sich Wagner tief in die Eigenschaften und Eigenheiten von Bienenvölkern eingelebt. So weit, dass er jederzeit ohne Schutzanzug und nur mit normalem T-Shirt bekleidet inmitten seiner unzählig vielen Bienen steht. Ob er nicht Angst hat, gestochen zu werden? „Imker brauchen eine enorme innere Ruhe. Wenn man hektisch agiert, wird man gleich mit Stichen belohnt“, spricht er mit sichtbarer Gelassenheit.
Tolerante Bienen
Der 55-Jährige weiß genau, was seine Völker brauchen. Und vor allem, wie seine Königinnen, die allesamt mit Nummern markiert sind, ticken (müssen). Sie entscheiden, ob ihre „Untertanen“ eher sanftmütig oder stechfreudig sind. „Meine Bienen sind sehr tolerant. Und sie bekommen auch mehrmals die Chance, sich zu bewähren.“ Alles, was sich als sanftmütig entpuppt, wird konsequent nachgezüchtet.
Da kein Volk wie das andere ist, führt der hauptberuflich am Polizeiposten Nenzing tätige Hobby-Imker genau Buch und macht sich Notizen. Diesen Rat gibt er auch anderen, die sich mit Bienen beschäftigen. Man spürt, dass die Leidenschaft für die kleinen Flügelinsekten in ihm fließt wie der Honig aus den Waben. „Min Papa isch nur bi da Bina glücklich!“, schrieb einst sein Sohn Lukas in einem Schulaufsatz. Ein Satz, der bis heute seine Gültigkeit hat. „Wer versteht, was im Volk abläuft, kann massig Honig ernten“, ergänzt der Papa.
Wichtig ist, dass in den Stöcken – den sogenannten Beuten – zeitgemäß genügend Platz ist. Auch die Anordnung darin muss stimmen. Wagner verwendet seit 25 Jahren auch ausschließlich sein eigenes Wachs und hat sich so seinen eigenen Kreislauf aufgebaut. Er arbeitet ausschließlich mit organischen Säuren, die vor Varroabefall schützen, und lehnt chemische Zusätze gänzlich ab.
Min Papa isch nur bi da Bina glücklich!
wird Bernhard Wagner von Sohn Lukas beschrieben
Flugloch als Kommunikationstor
Die Grundlagen für den Bau der Waben und die Honigproduktion sind die Rahmen. Dabei gibt es mehrere Etagen, die alle ihren eigenen Zweck erfüllen. Der oberste Stock ist etwa der Honigraum, ganz unten befindet sich das Flugloch, das auch eine Art Kommunikationstor ist. Beim Ein- und Ausfliegen teilen sich die Bienen mit, wo sie Nahrungsquellen aufgespürt haben.
Bernhard Wagner schaut, wo es das beste und das vielseitigste Nahrungsangebot gibt. Dafür bringt er seine Bienen mit dem Auto auch schon mal in die Höhe. Etwa nach Gargellen, wo als Futterquelle auch die Rostblättrige Alpenrose dient. Eine Honigrarität, die eher selten zu haben ist. Weitere Standorte sind Vandans und St. Gallenkirch. Seine Produkte werden direkt und über die Handelskette SPAR vermarktet. „Bienen wollen vor allem eines: arbeiten, arbeiten, arbeiten“, beschreibt der Experte ihre Haupteigenschaft. Von 32-Stunden-Wochen oder „Work-Life-Balance“ hält das fleißige Immenvolk offensichtlich wenig. Vielmehr summen die Bienen vom Frühjahr bis zum Herbst stetig herum und erfüllen brav ihre Aufgaben.
Moderne Imkergeneration
Mit 55 Jahren zählt Wagner zu einer modernen Imkergeneration, einer, die signifikant offener ist, als es die zu seinen Anfangszeiten war. Früher galten Imker als eigenbrötlerisch und behielten ihr Wissen am liebsten für sich. So musste sich Bernhard, der schon als Kind versuchte, Hummeln zu züchten, auf sich allein gestellt in die Imkerei einlesen. Er verschlang die Bücher regelrecht. Später nahm ihn ein Großimker, dem er beim Honigernten helfen durfte, mit auf die Alpe Rauz. Für ihn die Gelegenheit, viel über dessen Tätigkeit zu lernen.
Mittlerweile betreut der zweifache Familienvater selbst 17 Imker von Feldkirch bis nach Gaschurn und ist seit drei Jahren auch als Wanderlehrer aktiv. Als solcher gibt er sein Wissen an Interessierte weiter. So macht auch die Digitalisierung vor einem Wesen, das es bereits wesentlich länger als den Menschen gibt – erste Honigbienen wurden schon in 50 Millionen Jahre alten Bernsteinen gefunden –, nicht halt. Der Wahl-Vandanser arbeitet beispielsweise mit elektronischen Waagen, die bei den Bienenstöcken angebracht und mit einer App verbunden sind. Damit kann er den Gewichtsverlauf eines ganzen Bienenstockes während der Saison und auch den Abgang eines Bienenschwarms, der ungefähr zwei Kilo beträgt, und die Futtermenge, die annähernd 1,5 Kilo entspricht, genau eruieren. Gibt es gravierende Abweichungen, weiß er, dass etwas nicht stimmt. Doch das kommt glücklicherweise sehr selten vor.
Trotz aller modernen Errungenschaften ist es das Menschliche mit all seiner Empathie und Intuition, die das Imkern zum – wie es Wagner ausdrückt – schönsten Hobby macht. Die Kontrollgänge und die direkte Beobachtung mit den Augen sind für ihn unverzichtbar. Schließlich hat er es mit einem royalen und loyalen Volk zu tun, das nach „demokratischen Grundsätzen“ agiert. Oder um es mit seinen Worten auf den Punkt zu bringen: „Die Bienen bringen mich ins seelische Gleichgewicht.“
Bernhard Wagner
Untere Venserstraße 77a
6773 Vandans
T 0664 88714031
E bernhard.wagner0301@gmail.com