Der in Götzis wohnhafte Toni Schiefer zählt zu den erfolgreichsten Mostern und Brennern des Landes. Für den heute 79-Jährigen ist der Obstanbau die große Leidenschaft. So wachsen zehn Apfelsorten auf seinen 1.200 Spindel- bzw. 30 Hochstammbäumen.
Eigentlich hatte Toni Schiefer nie vor, in Vorarlberg ein Haus zu bauen. Vielmehr kam der gebürtige Steirer anno 1964 ins Ländle, um als Fernfahrer so viel Geld zu verdienen, dass er sich ein Motorrad kaufen kann. Wäre da nur nicht seine heutige Frau Irmgard gewesen, in die er sich verliebte und die er vor 50 Jahren heiratete. Im selben Jahr zogen sie in ihr selbst gebautes Haus am Götzner Berg ein. Heuer im Oktober wird Goldene Hochzeit gefeiert.
Eine zweite große Liebe hatte der heute 79-Jährige noch früher gefunden. Nämlich jene zum Garten, der für Toni Schiefer von Kindheit an die eigentliche Heimat ist. Das offenbart sich schon am Eingangstor. Statt eines klassischen Namensschildes ist an der Tür zu lesen: „Bin im Garten“. Und da ist er tatsächlich fast immer zu finden. Über sein grünes Paradies könnte Toni Schiefer, der durch seine gesellige und humorvolle Art zu einem Vorarlberger Original geworden ist, tausende Seiten füllen. Doch bedarf es bei weitem nicht so vieler Worte um auszudrücken, dass der mehrfache Moster des Jahres und preisgekrönte Brenner seine Leidenschaft auch wirklich lebt. Seit 1974 ist er Mitglied im OGV (Obst- und Gartenkultur Vorarlberg), über viele Jahrzehnte gab er in verschiedensten Bereichen Kurse, war Feuerbrandbeauftragter, organisierte 29 Jahre lang Ausflüge und vieles mehr. „Der Garten ist auch meine Bewegungstherapie. Er hält mich fit.“
Zehn Sorten von Ländle Äpfeln
Besonders das Obst hat es ihm angetan. Und da stechen die 1.200 Spindelbäume hervor, an denen die unterschiedlichsten Apfelsorten wachsen. Hinzu kommen rund 30 Hochstammbäume, die unweit des Möslestadion in Götzis, wo er bis zu seiner Pensionierung Platzwart war, in einem Naturschutzgebiet stehen. Hauptsächlich handelt es sich um Mostäpfel wie Boskoop, Relinda, Topaz, Remo, Bohnapfel oder der Blauacher Wädenswil. Zum Tafelobst zählen unter anderem Rubinola und Elstar. Neu im Programm ist die junge Sorte Ladina, die ein harmonisches bis säuerlich süßes Aroma mit exotischer Note aufweist. Insgesamt sind es zehn Apfelsorten, die er nach den Richtlinien des Ländle Gütesiegels anbaut. „In diesem Jahr wird die Ernte allgemein, wegen des schlechten und zu kalten Wetters, eher mittelprächtig ausfallen. Mehr als 1.500 Kilogramm Ertrag wird es nicht geben.“ In einem guten Jahr kann es auch mal doppelt so viel sein.
Doch die Quantität ist für den Experten, der alles selbst vermarktet, ohnehin kein Maßstab. Einzig die Qualität ist es, die für den „Schiefer Toni“ zählt. „Denn das Endprodukt kann nur so gut sein wie das Rohmaterial.“ 20 verschiedene Liköre und 18 Edelbrände stellt er in der eigenen Brennerei her. Verkauft werden sie – so wie der Most – ausschließlich ab Hof oder jeden Samstag auf dem Markt in Götzis.
Obstanbau von der Pike auf gelernt
In seiner langen Lebensgeschichte hat sich der Toni vieles selbst beigebracht, aber sich nicht gescheut, auch noch als Pensionist die Ausbildungen zum Most- und Edelbrandsommelier zu absolvieren. Den Anbau, mit dem er 1972 begann, hat er stets nur als Hobby betrieben. So konnte er seine Leidenschaft immer voll ausleben.
Freilich kam seine Vorliebe für das Obst nicht von ungefähr. Auf-gewachsen in einer Landwirtschaftsfamilie mit sechs Geschwistern zog es den Südoststeirer in jungen Jahren in die Obst- und Weinbauschule. Dort lernte er den Obstanbau und das Kellereiwesen von der Pike auf kennen. Bis heute hat er regelmäßigen Kontakt mit seinen Schwestern und Brüdern, fährt jährlich vier- bis fünfmal in seine ehemalige Heimat, um sich mit seiner Familie zu treffen. „Wir sind jetzt alle in einem Alter, wo wir die Zusammenkunft sehr schätzen und die gemeinsamen Tage genießen.“
Toni und Irmgard Schiefer haben selbst erlebt wie schnell das Schicksal zuschlagen kann. Im Oktober 2018 starb ihr Sohn Markus überraschend nach kurzer Krankheit mit nur 43 Jahren. „Papa, wenn ich einmal 50 bin, übernehme ich deinen Garten“, kann er sich noch genau an die Worte erinnern, die sein Sohn einmal gesagt hat. Der Garten war und ist es, der ihm und seiner Frau Kraft und Verbundenheit gibt. Rund 180 Blumenarten züchtet seine Frau Irmgard, bindet daraus auch wunderschöne Sträuße. „Ihr Revier sind die Blumen, meines das Obst“, erklärt ihr Mann. Tatkräftige Unterstützung erhalten die beiden stets von Tochter Sonja und Schwiegersohn Thomas, die auch gerne im Garten mitarbeiten. Inmitten der Natur fühlt sich Familie Schiefer am wohlsten. Toni gefällt es beispielsweise, die Tiere zu beobachten – seien es Bienen, Hummeln oder auch Vögel, Igel, Dachs oder Fuchs. Für ihn sind sie alle nützlich.
Auch seinen Humor hat der gebürtige Steirer nie verloren. „Für mich ist er so etwas wie die fünfte Jahreszeit.“ So ist der Toni bei Kursen und Ausflügen nicht nur wegen seines Fachwissens gefragt, sondern auch wegen seiner Gabe, Witze zu erzählen. Rund 3.000 hat er im Repertoire. „Es freut mich, wenn ich jeden Tag ein paar Menschen zum Lachen bringen kann.“ So wie ihm die Natur große Freude bereitet. Nur gut, dass seine Frau Irmgard ihn vor über 50 Jahren bewog, im Ländle zu bleiben. Ansonsten hätte Vorarlberg ein Original weniger.
Toni Schiefer
6840 Götzis
Berg 26d
T 0664/551 24 94